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Erfolgreicher 10. Nordrhein-Westfälischer Fischereitag in Recklinghausen

Am Sonntag, den 16. September 2018, kamen Vertreter der Politik und Wissenschaft, begeisterte Angler, Familien und Angelinteressierte zum 10. Nordrhein-Westfälischen Fischereitag in das Ruhrfestspielhaus Recklinghausen. Mit dem 40-jährigen Bestehen des Fischereiverbandes NRW und dem vor 20 Jahren gestarteten Wanderfischprogramm NRW gab es gleich zwei Jubiläen zu feiern.

Johannes Nüsse, Präsident des Fischereiverbandes Nordrhein-Westfalen e. V., verzichtete in seiner Begrüßungsansprache jedoch lieber auf Chronikauszüge und historische Fotos – stattdessen richtete er den Blick nach vorn. So skizzierte er, welchen Herausforderungen sich der moderne Angler – „eigentlich eher im Stillen aktiv und mit der Natur im Reinen" – heutzutage gegenüber sieht: Er müsse sich „ausreichend über die Rahmenbedingungen informieren, denen eine Freizeittätigkeit in der Natur in dem bevölkerungsreichsten Bundesland in einem Industrieland wie Deutschland ausgesetzt ist". Bewusst provokant formuliert führte Johannes Nüsse aus: „Es reicht dann eben nicht, sich seinen Erlaubnisschein zu holen, den ‚Blinker' zu lesen und seinen letzten Großkarpfen auf Facebook zu posten. Es gehört mehr dazu, ein moderner Angler zu sein. Wir müssen heute diskutieren können, uns an den Runden Tischen der Wasserrahmenrichtlinie beteiligen, unser Expertenwissen in wasserrechtliche Verfahren einbringen oder im Verein ein Ehrenamt übernehmen."

Herzliche Glückwünsche zum Verbandsjubiläum erhielt Nüsse anschließend von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser: „Ich gratuliere dem Fischereiverband NRW zu seinem 40-jährigen Jubiläum. Wir haben uns alle zusammen auf den Weg gemacht, die Fischerei in Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig aufzustellen. Bestes Beispiel dafür ist das Wanderfischprogramm NRW, es feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Die Erfolge des Programms, zum Beispiel bei der Wiederansiedlung von Lachs, Maifisch oder Nordseeschnäpel zeigen, dass es sich lohnt, für einen artenreichen Fischbestand und gesunde Gewässer zu kämpfen. Unsere Kinder und Enkel werden das fortführen. Und damit das auch gelingt, wollen wir Kinder und Jugendliche im zunehmend digitaler werdenden Zeitalter stärker für die Natur begeistern. Deswegen bin ich froh, dass wir das gemeinsame Umweltbildungsprojekt ‚FINNE - Fischwelt in NRW neu entdecken' auf den Weg bringen konnten. Mit diesem Projekt führen wir durch spannende Workshops an Gewässern oder in den ‚Blauen Klassenzimmern' der Fischereiverbände Kinder und Jugendliche an die faszinierende Welt unter Wasser heran."

Welche Kraft die Liebe und Hingabe für das Hobby Angeln tatsächlich freisetzen kann, führten der Berliner Martin Clemm und Casting Instructor Juergen Friesenhahn in ihrem außergewöhnlichen Festvortrag vor Augen: 2009 startete Clemm, nach einem Badeunfall querschnittsgelähmt, auf den Rollstuhl angewiesen sowie in der Motorik eingeschränkt, ein außergewöhnliches Abenteuer. Mit Friesenhahn als Trainer und vielen weiteren Unterstützern gelang es ihm, seine Fertigkeit im Fliegenfischen wiederzuerlangen und ein selbstgestecktes Ziel zu verfolgen: „30 Reasons", 30 Gründe, hat er dafür festgehalten: nämlich die 15 Süß- und 15 Salzwasserfischarten, die er noch fangen möchte. Die Botschaft hinter der ungewöhnlichen Reise um die Welt, die derzeit auch verfilmt wird, berührte die versammelten Zuhörer sehr: das Fliegenfischen als große Leidenschaft, die es sogar möglich macht, körperliche, mentale und räumliche Grenzen zu überschreiten.

Um Liebe und Leidenschaft geht es auch im Mitmachprojekt „Lippe-Bekenntnisse", das der Landesfischereiverband Westfalen und Lippe e. V. zu seiner Patenschaft für die „Lippe - Flusslandschaft des Jahres 2018/2019" gestartet hat und beim Fischereitag vorstellte: „Wir
möchten den Schatz der vielfältigen Erinnerungen und Erlebnisse, die Menschen mit der Lippe verbinden, heben und bewahren. Deshalb sammeln wir sie mit der Kamera als kleine Liebeserklärungen aus der Region an die Lippe", erklärt Geschäftsführer Dr. Michael Möhlenkamp. Später sollen die Lippe-Bekenntnisse dann als Video-Clips und Multimedia-Reportage im Internet zu erleben sein.
Das erste Lippe-Bekenntnis des 10. Nordrhein-Westfälischen Fischereitags legte übrigens Präsident Johannes Nüsse selbst ab: „Ich liebe die Lippe, weil sie die Menschen in unserer Region verbindet, weil man sich sonntags dort trifft, weil sie identitätsstiftend ist, weil ich dort wunderschöne Momente beim Angeln erlebt habe und weil sie weiterhin die Aufmerksamkeit und Fürsorge der Angler in der Region braucht." Ministerin Heinen-Esser und viele Besucher des Fischereitags taten es Nüsse gleich und traten ebenfalls vor die Kamera.

Die Fachvorträge am Nachmittag gewährten einen spannenden Einblick in die aktuellen Themen der Fischerei in NRW. So stellte Dr. Frank Molls, Geschäftsführer des Rheinischen Fischereiverbands von 1880 e. V., mit dem Wanderfischprogramm NRW eine echte Erfolgsgeschichte der Angler im Gewässer- und Fischartenschutz vor: Das vor 20 Jahren gestartete Projekt konnte mit erheblichen Investitionen schon eine Vielzahl von Verbesserungen für die Gewässer erreichen. Die Beseitigung von Wehren in Sieg, Dhünn, Wupper und Eifelrur, den Bau von Fischabstiegen und -schutzanlagen, die Entfesselung der Wupper sowie die Thermoregulierung in Talsperren zählten zu den vorgestellten Maßnahmen.
Ein eindrucksvolles Portrait der Lippe, der Flusslandschaft des Jahres 2018/2019, präsentierte Dr. Olaf Niepagenkemper vom Fischereiverband NRW e. V. Im Wechselspiel aus spektakulären Luftaufnahmen und detailreichen Sequenzen aus der Tier- und Pflanzenwelt zeichnete er den Weg der Lippe von der Quelle bis zur Mündung nach und zeigte Beispiele sowohl für die gelungene Renaturierung des Flusses als auch für noch bestehende Problemstellen – etwa Querbauwerke, die die Durchgängigkeit des Flusses für Fische maßgeblich behindern.
„Von ehrenamtlichen Anglern und operierten Fischen" berichtete anschließend Dr. Svenja Storm vom Landesfischereiverband Westfalen und Lippe e. V. Das von ihr geleitete „Lippeprojekt" dokumentiert in einem aufwändigen Monitoring-Verfahren unter Einsatz von mit Sendern bestückten Fischen den Bestand der Lippe und ihrer Nebengewässer. Möglich ist dieses Unterfangen nur, weil dutzende Angler mit ihrem ehrenamtlichen Engagement unter anderem die tägliche Reinigung und Kontrolle der Reusen sicherstellen.

Den ganzen Tage über herrschte im und um das Ruhrfestspielhaus ein reges Treiben. Kooperationspartner informierten zum Beispiel über Gewässerschutz, Schulungsangebote zur Vorbereitung auf die Fischerprüfung und vielfältige Umweltbildungsprojekte. Auf dem Außengelände ging das mobile Forschungslabor „Otti's U-Boot" vor Anker. Hier konnten Kinder beim Angelspiel heimische Fischarten kennenlernen und unter fachlicher Anleitung zum Beispiel Köcherfliegenlarven unter dem Mikroskop untersuchen. Viele Familien machten hier Halt. Bei bestem Wetter, leckeren Fischspezialitäten und Bratwürstchen ergaben sich in lockerer Atmosphäre viele intereinteressante Gespräche zwischen den Besuchern – darunter auch viele (Noch-)Nicht-Angler.

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